Sonntag, 22. Juli 2007

Hornschlitten sind überdimensionale Rodel

Heute ist Hektik angesagt. Frühstück schon um sechs. Ein Blick aus kleinen Augen nach draußen verheißt nichts Gutes: Es regnet heftig. Nach einem Spätstart vom Parkplatz verpassen wir prompt die Autobahnabfahrt Bühl, von wo aus es zum Hundseck und zum 10-km-Lauf am Hornisgrinde gehen sollte. Na super. Bisschen panisch geben wir dem T5 die Sporen. Auf der Auffahrt zum Hundseck schüttet es ohne Ende. Nebel versperrt die Sicht. Bernd fällt aus, er laboriert an einer Muskelverletzung, die er sich gestern beim Fußball zugezogen hatte. Ich bin der schwächste Läufer und grübele am Start, was ich schaffen kann. Die ersten 2 km gehen bergauf, das Feld zieht davon. Ich versuche ruhig zu bleiben und meinen Rhythmus zu finden. Nach der Bergaufpassage kommt die Sonne raus, ab und zu gibt der Wald schöne Ausblicke preis und ich schöpfe Hoffnung, dass alles einigermaßen glimpflich abläuft.Na ja, 48 Minuten waren für mich das Optimum, das Team schieße ich damit aber auf die hinteren Plätze. Um 11.00 steht noch das Schwarzwaldexamen und um 15.00 das Hornschlittenrennen auf dem Programm. Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass wir uns nett irgendwo hinsetzen und ein paar Fragen beantworten. Weit gefehlt: Es steht ein 90-Minuten-Rundgang mit 6 Stationen zu unterschiedlichen Schwarzwaldthemen bevor. Zunächst aber marschieren wir im Sonnenschein einen 500 m langen Skihang hinauf, die Oberschenkel wiehern, der 10-km-Lauf hatte seine Spuren hinterlassen.

Die mit Abstand lustigste Station erwartete uns am Ende des Hangs. Der NABU als Heimatgesangsverein. Unsere Aufgabe besteht darin, das „Badener Lied“ zu singen und dann auf einem Totholzxylophon zu spielen. Wir guckten wie Schwarzwälder Kühe, sahen zu unserer Rettung aber zwei Flaschen Obstler bei den NABUs. Mit je zwei Obstlern im Blut kam das Lied jetzt schon super rüber und Oliver klopfte das Totholz was das Zeug hielt. Lieben Gruß an die beiden vom NABU, sie waren toll, wie überhaupt allen NABU-Betreuern unser Dank für die Organisation gilt. Am Ende belegten wir einen 2. Platz noch vor dem Team aus B-W. Hoffentlich geht es uns in Brandenburg nicht anders. Das Grauen steht uns aber noch bevor: Das Hornschlittenrennen. Hornschlitten sind überdimensionale Rodel, auf denen früher gespaltenes Holz in die Täler transportiert wurde. Wir sollten zuerst die Schlitten den Hang hinauf schleppen (oben wartet dieses Mal leider kein Obstler), dann 4 mal 1 Meter lange Fichtenstämme sägen und anschließend den Hang wieder hinunter. Es treten immer 4 Teams gegeneinander an, die Rodel werden gelost. Uns trifft einer der beiden schweren und zu allem Pech warten oben auch noch besonders dicke Stämme. Anders als die erste Gruppe, beginnt unsere Gruppe etwas verhaltener. Wir schleppen unser Rodel zu dritt. Thomas vorne in der Mitte, Oliver rechts und ich links. Bernd ist immer noch verletzt, wartet aber oben, um mit uns zu sägen. Wir sind bis zu 2/3 der Strecke alle gleichauf, die Oberschenkel sind dick und ich kann mir nicht vorstellen, wie ich noch den Rest schaffen soll. Thomas fängt „zum Glück“ an zu laufen, sonst wäre wohl ich der Hemmschuh geworden. Außer B-W mit einem etwas leichteren Schlitten, gehen dann alle. Als dritte starten wir vom Holzsägen. Oliver gibt ordentlich Schub von hinten, Thomas und ich versuchen vorne an den Seiten laufend den Schlitten in der richtigen Richtung zu halten. Der Hang hat Kanten und Löcher ohne Ende. An der letzten Geländekante geht es noch einmal richtig steil bergab und ich sehe den Schlitten schon in die Menschenmenge rasen, so richtig Herr des Schlittens sind wir nicht mehr. Am Ende bleibt der Schlitten doch noch rechtzeitig stehen und wir werden Gesamt-Fünfter. Thomas ist in einem der Löcher umgeknickt, der Fuß beginnt eine prachtvolle Beule auszubilden. Einen wirklich schönen Abschluss bildet ein Gespräch mit einer Gruppe Einheimischer, darunter auch einige ältere Schwarzwälder in Trachten, die z. T. auch noch selbst mit Hornschlitten Holz transportiert haben. Sie alle waren sehr interessiert und offen. Wir haben die Schwarzwälder als sehr aufgeschlossene, fröhliche und gastfreundliche Menschen kennen gelernt. Danke.


Nach dieser Schinderei machen wir der Veranstaltung weiter alle Ehre. Charly holt uns mit dem Mountainbike ab und fährt mit uns ins Wildniscamp Ruhestein. Die Strecke geht über Schotterwege durch den Wald, einige Anstiege sind zu bewältigen. Die Gruppe zieht sich schnell auseinander. Es eröffnen sich herrliche Ausblicke auf die Schwarzwälder Landschaft. Das Wildniscamp, das wir am Ende nach einem 30-minütigen Fußmarsch erreichen (die Räder hatten wir zwischenzeitlich auf den Bussen verstaut), hatte ich mir etwas komfortabler vorgestellt. Es liegt in einer Waldlichtung an einem Bach. Es gibt eine Feuerstelle, eine Unterstellhütte, ein Wasserbecken mit ständigem Bachzulauf und eine kleine Sanitärhütte. Wir schlafen dann nicht etwa schön kuschelig am Lagerfeuer, das inzwischen schon einige Wärme abstrahlt, sondern haben die Aufgabe im Umkreis von 200 m eine Lagerstätte zu finden, schluck. Nach so einem Hammertag hätten wir Hotel und Roomservice verdient. Es ist schon schwer eine ebene Fläche in dem Bachtal zu finden, eine trockene aber noch schwerer, es hat geregnet in letzter Zeit. Wir finden in 50 m Entfernung eine Wiesenzufahrt unter Buchenjungwuchs. So können uns Nachts wenigstens keine dicken Äste auf die Köpfe fallen. Mit gemischten Gefühlen pumpen wir die Isomatten auf und rollen die Schlafsäcke aus, dann zurück zur Haupthütte, Essen wurde versprochen. Wir sind etwas spät, Spätzle schon ziemlich dezimiert, Wildschweingulasch allerdings noch reichlich. Wahnsinnig lecker. Oliver spendet seinen Spätburgunder, sein Preis für den 2. Platz beim Hornisgrindenlauf in seiner Altersklasse. Die Stimmung ist nicht so aufgedreht, wie man meinen könnte. Ich glaube alle sind ziemlich geschafft. Wie war die Nacht, wollt ihr wissen? Nicht so gruselig, wie man das als Kind wohl empfunden hätte. Aber dennoch war ich froh, dass die drei in der Nähe waren, auch wenn ich in der Dunkelheit keinen sehen konnte. Um 6.00 Uhr schrillten die Handywecker durchs Wildcamp, aufstehen und Abmarsch zum Frühstücken in eine Gaststätte. Die Maus (oder die Mäuse), die nachts über unsere Schlafsäcke flitzte, ging leer aus. Müsli hatten wir nicht dabei.

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